Bending

Bending

Bending ist eine Technik im Gitarrenspiel, bei der eine Saite während des Spielens nach oben oder unten gezogen wird, um die Tonhöhe zu verändern. Diese Technik wird verwendet, um Töne zu biegen und eine fließende, singende Qualität zu erzeugen, die besonders in Solos und Melodielinien zum Ausdruck kommt. Bending ist in vielen Musikstilen wie Blues, Rock, Jazz und Country beliebt und verleiht dem Gitarrenspiel eine expressive und gefühlvolle Note.

Wie funktioniert Bending?

  1. Grundlegende Technik:
    • Beim Bending greift der Gitarrist eine Saite und zieht sie mit einem oder mehreren Fingern nach oben (Richtung Decke) oder nach unten (Richtung Boden). Dabei wird die Saite gedehnt, wodurch sich die Spannung erhöht und die Tonhöhe steigt.
    • Die Tonhöhe des gebogenen Tones kann schrittweise oder kontinuierlich verändert werden, je nachdem, wie stark die Saite gezogen wird. Oft wird ein Bending verwendet, um eine Zielnote zu erreichen, die höher ist als die ursprüngliche gegriffene Note. Zum Beispiel kann man einen Ton im siebten Bund benden, um die Tonhöhe zu erzeugen, die normalerweise im neunten Bund liegt.
  2. Halbtöne, Ganzton-Bends und mehr:
    • Ein Halbtone-Bend (1/2 Bend) bedeutet, dass die Saite so weit gebogen wird, dass der Ton um einen Halbton (also einen Bund) ansteigt. Dies erzeugt eine leichte Veränderung der Tonhöhe, die oft für subtilere Melodien verwendet wird.
    • Ein Ganzton-Bend (1 Bend) ist ein Bending, bei dem der Ton um einen ganzen Ton (also zwei Bünde) erhöht wird. Diese Art von Bending ist besonders in Rock- und Blues-Solos verbreitet und verleiht dem Ton eine kraftvolle Steigerung.
    • Fortgeschrittene Gitarristen verwenden auch „Bends“ von anderthalb oder zwei Tönen, um besonders dramatische und expressive Effekte zu erzielen. Diese sind jedoch technisch anspruchsvoll und erfordern eine gute Kontrolle über die Fingerkraft und -position.
  3. Vibrato beim Bending:
    • Eine häufige Erweiterung des Bending ist das Hinzufügen von Vibrato. Dabei wird die Saite nach dem Bending leicht hin- und herbewegt, um den Ton rhythmisch zu variieren. Dies erzeugt einen lebendigen, vibrierenden Klang, der das Bending noch ausdrucksstärker macht.
    • Ein Vibrato während eines Bendings verleiht dem Sound eine menschliche, stimmähnliche Qualität, die besonders in gefühlvollen Blues- und Rock-Solos gut zur Geltung kommt. Es erfordert jedoch Übung, um die Bewegung gleichmäßig und kontrolliert auszuführen.

Arten von Bending und ihre Anwendung:

  1. Pre-Bending:
    • Beim Pre-Bending wird die Saite vor dem Anschlagen bereits gebogen und dann erst angeschlagen. Dadurch wird der Ton direkt auf der höheren Tonhöhe gespielt, ohne dass der Biegeprozess hörbar ist. Anschließend kann die Saite wieder losgelassen werden (Release), wodurch der Ton zurück auf die ursprüngliche Tonhöhe fällt.
    • Diese Technik erzeugt einen Überraschungseffekt, da der Ton auf einem höheren Niveau beginnt und dann sanft absinkt. Sie wird oft in Balladen oder langsamen Blues-Stücken verwendet, um ein weiches und gefühlvolles Klangbild zu erzeugen.
  2. Release-Bending:
    • Bei dieser Technik wird die Saite zunächst gebogen und dann zurück zur Ausgangsposition freigegeben, während der Ton noch gehalten wird. Dabei sinkt die Tonhöhe allmählich wieder ab, was eine absteigende Tonbewegung erzeugt.
    • Release-Bends sind nützlich, um eine Phrase sanft zu beenden oder den Klang eines Solos abzufedern. Sie können auch kombiniert werden, um komplexe melodische Linien zu formen, die dem Spiel eine natürliche Dynamik verleihen.
  3. Unison Bends:
    • Unison Bends sind eine besondere Form des Bending, bei der zwei Saiten gleichzeitig gespielt werden: eine Saite wird gebogen, während die andere festgehalten wird, sodass beide Töne am Ende dieselbe Tonhöhe erreichen. Dies erzeugt einen kräftigen, schwebenden Effekt, der oft in Rock- und Metal-Solos verwendet wird.
    • Ein typisches Beispiel ist das Benden der G-Saite, während die B-Saite im selben Bund gehalten wird. Während des Bendings erreicht die G-Saite die Tonhöhe der B-Saite, was einen „chorartigen“ Sound erzeugt, der sich besonders für dramatische Solos eignet.

Herausforderungen und Tipps beim Bending:

  1. Kraft und Kontrolle:
    • Bending erfordert eine gewisse Fingerkraft, um die Saite präzise zu ziehen und die gewünschte Tonhöhe zu erreichen. Anfängern fällt es oft schwer, genug Kraft aufzubringen, um die höheren Bünde sauber zu erreichen.
    • Um die Kontrolle über das Bending zu verbessern, ist es hilfreich, mit mehreren Fingern gleichzeitig zu benden. Der Ringfinger kann beispielsweise die Saite benden, während Mittel- und Zeigefinger unterstützend hinter ihm liegen, um mehr Kraft aufzubringen und die Bewegung zu stabilisieren.
  2. Intonation und Genauigkeit:
    • Ein sauberer Bend erfordert, dass die Zieltonhöhe exakt erreicht wird. Wenn der Bend zu wenig oder zu stark ausgeführt wird, klingt der Ton „schief“ und unangenehm. Daher ist es wichtig, die Zielnote im Ohr zu haben und darauf zu achten, dass der Bend genau trifft.
    • Es ist hilfreich, zunächst die Zielnote normal zu spielen und dann den Bend so zu üben, dass er exakt diese Tonhöhe erreicht. Dies trainiert das Gehör und die Finger, die gewünschte Tonhöhe präzise anzusteuern.
  3. Saitenstärke und Gitarreneinstellung:
    • Die Stärke der Gitarrensaiten beeinflusst, wie leicht oder schwer ein Bending auszuführen ist. Dünnere Saiten sind leichter zu benden, erzeugen jedoch einen etwas weniger vollen Klang. Dickere Saiten bieten mehr Widerstand, klingen jedoch voller und kräftiger.
    • Auch die Saitenlage (die Höhe der Saiten über dem Griffbrett) spielt eine Rolle. Eine zu hohe Saitenlage kann das Bending erschweren, während eine zu niedrige Saitenlage dazu führen kann, dass die Saiten beim Benden auf dem Griffbrett schnarren. Es ist wichtig, die Gitarre gut einzustellen, um das Bending komfortabel zu gestalten.

Anwendung von Bending in verschiedenen Musikstilen:

  1. Blues und Rock:
    • Bending ist ein Markenzeichen vieler Blues-Gitarristen wie B.B. King, Stevie Ray Vaughan und Eric Clapton. In diesen Stilen wird das Bending verwendet, um eine „weinerliche“ Klangqualität zu erzeugen, die die emotionale Intensität des Spiels erhöht.
    • Im Rock wird das Bending oft in Kombination mit Verzerrung eingesetzt, um kraftvolle und „screaming“ Gitarrensolos zu kreieren. Gitarristen wie David Gilmour (Pink Floyd) oder Jimmy Page (Led Zeppelin) nutzen Bending-Techniken, um dramatische und dynamische Solos zu spielen.
  2. Metal und Shredding:
    • Im Metal werden schnelle Bending-Techniken und große Bendings von bis zu zwei Ganztönen verwendet, um intensive und aggressive Solos zu gestalten. Diese Techniken sind ein zentraler Bestandteil des „Shredding“, bei dem Gitarristen schnelle Läufe und ausdrucksstarke Solos spielen.
    • Gitarristen wie Dimebag Darrell (Pantera) oder Kirk Hammett (Metallica) sind bekannt für ihre virtuosen Bending-Techniken, die ihren Solos eine intensive Ausdruckskraft verleihen.
  3. Country und Bluesgrass:
    • Auch im Country und Bluegrass ist Bending eine beliebte Technik, wobei hier oft sanftere, kleinere Bendings verwendet werden, um eine „twangy“ Klangfarbe zu erzeugen. Diese Bendings verleihen der Musik eine typisch „countryhafte“ Note und betonen die Melodieführung.
    • Im Country-Genre wird das Bending oft mit „Pedal-Steel“-ähnlichen Techniken kombiniert, um die Melodien geschmeidig und fließend zu gestalten.

Fazit:

Bending ist eine der ausdrucksstärksten Techniken im Gitarrenspiel und verleiht dem Sound eine emotionale Tiefe, die viele Musikstile bereichert. Von den sanften, weinerlichen Bendings im Blues über die kraftvollen Solos im Rock bis hin zu den aggressiven Techniken im Metal – Bending ermöglicht es Gitarristen, ihre musikalischen Ideen auf eine einzigartige Weise zu verwirklichen. Durch das Üben und Perfektionieren dieser Technik können Gitarristen ihre Ausdruckskraft steigern und ihre musikalische Sprache erweitern. Ein präzises Bending bringt Leben in jedes Solo und sorgt dafür, dass die Musik nicht nur gehört, sondern auch gefühlt wird.

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